Die Kunst des lebendigen Denkens (Bringfried Pösger)

Datum: 15.05.2023 (20:00:00–22:00:00)

Ort: Konservatorium für türkische Musik, Bergmannstr. 29, 10961 Berlin, und online

 

Bäume in nebliger Landschaft und Schriftzug

Bringfried J. Pösger ist Philosoph und Künstler. Analog zu Kunst und Kunst-Wissenschaft plädiert er dafür, auch Philosophie und Philosophie-Wissenschaft zu unterscheiden – und das Philosophieren selbst als ebenso freien wie kreativen und tiefgreifenden – die Philosophie immer wieder neu erschaffenden – geistigen Prozess zu begreifen. Über vierzig Jahre hat er im Bereich der Schnittmenge von Kunst und Philosophie eine auf die Natur bezogene eigene Philosophie und Weltsicht entwickelt, zu deren wesentlichen Aspekten die Theorie „lebendigen Denkens“ gehört. Im Referat spannt er abseits gängiger geistiger Traditionen einen weiten Bogen über ethnologische und kulturelle Entwicklungen bis hin zu seinem zuversichtlich auf die Zukunft gerichteten innovativen Denkansatz.

Ausgehend von den evolutionären Vorteilen, die menschliches Denkvermögen natürlicherweise bietet, weist er auf die weit verbreitete Lebensferne philosophischer Traditionen hin, die nach seinen Einschätzungen anachronistisch und dem Leben nicht dienlich sind. Nach seinen Thesen schlagen in allen Kulturen die natürliche menschliche Neugier mit daraus resultierender geistiger Weitung durch die Ausrichtung an alten Traditionen in verengende Konditionierungen um, die den Prozess des Denkens substanziell behindern. Bereits durch Fantasie und Kreativität können Lebens- und Realitätsferne entstehen. Und durch Glauben, Mythen, Abstraktionen, Modelle, Theorien und traditionelles Sich-auf-Altes-Beziehen ist dies umso mehr geschehen.

Das Erlernen von „Wahrheiten“ und das Studieren von alten Texten richten menschliches Erkenntnisstreben an der Vergangenheit aus und decken die genuin eigenen Lebens-Fragen zu, die für selbstständiges Denken unerlässlich sind. Gleichzeitig findet durch Erziehung und Bildung eine (im Herrschaftskontext gewollte) Ausrichtung nach außen und „oben" mit zugehöriger Entfremdung der Menschen von ihrem Innersten (ihrem eigenen Selbst) statt. „Lebendiges Denken“ bedeutet dagegen die Kunst, sich von alten Glaubenskonzepten zu lösen und stattdessen mit sich selbst wie auch mit der Realität wieder in direkten Kontakt zu treten – und Selbstverantwortung fürs eigene Denken zu übernehmen. Es greift auf die ursprüngliche Neugier zurück und ist an den – immer wieder neu zu stellenden – elementaren Lebensfragen orientiert:

„Lebendiges Denken“ ist aufs Leben bezogen, Veränderungen im Innern wie im Außen wahrnehmend und grundsätzlich offen, flexibel, weit und frei. Es ist nicht durch Glauben oder Überzeugungen eingeengt, hält Irrtümer immer und überall für möglich, ist deshalb gesprächs- wie konsensbereit – dabei zeitgemäß auf die Zukunft gerichtet und das Leben unterstützend. Es geht von einem „gesunden“ Kern im Menschen mit ursprünglich gemeinsamen Lebensmustern und einem uns allen angeborenen tiefen Sehnen nach dem „Schönen“ aus, auch wenn diese natürlichen inneren Orientierungen durch kulturelle Konditionierungen weitgehend zugedeckt sind.

Da sich „lebendiges Denken“ nicht auf alte Texte oder „Wahrheiten“ bezieht, sondern als lebendigen und offenen tabulosen gemeinsamen Erforschungsprozess der Realität und des Lebens versteht, bietet es beste Chancen, miteinander zu tiefgreifend neuen Erkenntnissen und zuversichtlichen Einschätzungen zu finden. Auch „Philosophieren" ist daher zeitgemäß vor die Herausforderung gestellt, sich zukunftsträchtig von der akademischen Ausrichtung zu lösen und anhand des stetig wachsenden Wissens über die Welt immer wieder neue, fürs Leben stärkende Weltsichten zu kreieren.

Dies ist eine "hybride" Veranstaltung, d.h. sie findet sowohl in Präsenz als auch virtuell via Zoom statt. Herr Pösger wird in Präsenz vortragen. An der anschließenden Diskussion können sich aber sowohl die in Präsenz Anwesenden als auch die weiteren, virtuell Anwesenden beteiligen. Interessenten, die bereits auf der MoMo Einladungsliste stehen, erhalten zwei Tage vor der Veranstaltung den Zoom-Link. Weitere Interessenten, die gerne virtuell teilnehmen möchten, schreiben bitte eine entsprechende Email an info@momo-berlin.de.

Zur Person des Vortragenden:

Portrait von Bringfried Pösger

Bringfried Pösger lebt und arbeitet in Berlin.

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