Wenn Logik zu tanzen beginnt

Datum: 20.11.2017 (20:00:00–22:30:00)

Ort: Alte Jakobstr. 12 / Ecke Ritterstr. (Tiyatrom Theater), 10969 Berlin

When attitude becomes (a logical) form...
When attitude becomes (a logical) form...

Das logische Denken in seiner heute bekannten, stark mathematisierten Form entstand um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert in den Köpfen von Leuten wie Giuseppe Peano, Gottlob Frege und Bertrand Russell. Er erwuchs aus dem corpus logicum einer alten Tradition, die mit Aristoteles in der Hochblüte der griechischen Kultur bereits seine Vollendung erreicht hatte, und der über mehr als zweitausend Jahre kaum etwas hinzuzufügen war. Das änderte sich mit den Principa Mathematica von Bertrand Russell und Alfred North Whitehead, die kurz vor dem ersten Weltkrieg erschienen - ein Buch, bei dem kein Geringerer als Kurt Gödel übrigens bedauerte, dass es ihm an formaler Genauigkeit so stark mangele, dass es im Vergleich mit den Vorarbeiten Freges sogar einen Rückschritt (!) in der Entwicklung der Logik bedeute.

Was niemandem der Beteiligten auffiel war allerdings, dass die Mathematisierung der Logik in der Form, wie sie nun mit Macht in das Rampenlicht des wissenschaftlichen Denkens drängte, auf einem Paradigma aufbaut, das bereits von Aristoteles geprägt wurde: Die abendländische Logik setzt sich sehr markant vom Denken anderer Kulturen dadurch ab, dass sie auf dem Boden des Zustandsdenkens erwächst. Die Welt primär als eine Abfolge fixierter Zustände zu denken ist allerdings eine Vorentscheidung von enormer Bedeutung. Dies entspricht nicht dem Primat der dynamischen Kognition, mit der wir uns im Alltag orientieren. Es ist somit dem entgegengesetzt, was Wolfgang Sohst als ein primär prozessorientiertes Denken bezeichnet.

In der Entwicklung der modernen Logik kam es ab den 1970er Jahren, angestoßen durch die Entwicklung des modernen Computers, auch zur Entwicklung sog. Prozesslogiken. Diese hatten aber eine ganz andere Stoßrichtung. Solchen  Ansätzen ging es lediglich um die Optimierung und formale Konsolidierung von Maschinenprogrammen. Die klassische Logik versteht sich aber von alters her als Werkzeug des Menschen zum erfolgreichen Verhalten in der Welt.

In seinem Vortrag will Wolfgang Sohst nicht nur darlegen, wie die grundlegenden Weichenstellungen abendländischer Logik ein prägendes Merkmal unserer gesamten kulturellen Entwicklung wurden, sondern er wird auch einen Ansatz für eine neue Art von Prozesslogik vorstellen, die den Primat des Zustands durch jenen des dynamischen Ereignisses ablöst.

Der (inzwischen aktualisierte) Aufsatz zum Vortrag kann hier (auf deutsch) oder hier (auf englisch) heruntergeladen werden.

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Wolfgang Sohst

Wolfgang Sohst (*1956) ist freischaffender Philosoph und lebt in Berlin. Er ist Gründer des Wissenschaftsverlages xenomoi, Berlin. Seine Forschunsschwerpunkte sind einerseits die rationalen Metaphysik sowie auf ethischem Gebiet die Grundlagen kollektiver moralischer Verantwortung.

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Eine Einführung von Wolfgang Sohst ins Thema (ca. 20 Min):

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