Von gehorsamen Maschinen und ganz freien Menschen

Datum: 23.01.2017 (20:00:00–22:30:00)

Ort: Alte Jakobstr. 12 / Ecke Ritterstr. (Tiyatrom Theater), 10969 Berlin

Die Mär vom Getriebe der Natur und der hehren Freiheit des Menschen
Die Mär vom Getriebe der Natur und der hehren Freiheit des Menschen

Zwei grundlegende Paradigmen beherrschen unsere Vorstellung von der Welt: Jenes von der menschlichen Verhaltensfreiheit und jenes entgegengesetzte von der physikalischen Determination. Unter Nicht-Physikern herrscht häufig die Vorstellung von einer durchgängigen Determination des Weltverlaufs ohne jeglichen Verlaufsspielraum. Diese Auffassung ist jedoch, zumindest in ihrer strengen Fassung, falsch. Die Physiker selbst glauben schon seit ca. 100 Jahren nicht mehr daran, genauer gesagt seit der Entdeckung der Quantenmechanik. Vielmehr gibt es ganz unterschiedliche Grade von Verlaufsspielräumen in der Natur.

Allerdings haben sich die Naturwissenschaften selbst die Aufgabe gestellt, vor allem die Regelmäßigen natürlicher Prozesse zu erforschen und möglichst exakt zu reproduzieren. Infolge dieser Dynamik hat die moderne Naturwissenschaft seit Newton nie ein Interesse daran gezeigt, die tatsächlichen „Freiheiten“ der Natur zu erforschen. Wer sich die Natur untertan machen will, sucht nicht nach ihrer Unbestimmtheit, sondern nach festen Regeln. Nur diese erlauben eine Anwendung des gewonnenen Wissens z.B. beim Bau von Maschinen. Diese Erkenntnismaxime leistet wiederum jenem Glauben an den strikten Determinismus starken Vorschub.

Die Frage ist folglich: In welcher Form gibt es in der Natur alternative Prozessverläufe? Falls ja, bezeichnen wir diese als reale Möglichkeit. Sie sind, wenn überhaupt, die Voraussetzung einer Verhaltensfreiheit auch auf der Stufe menschlicher Existenz.

Wolfgang Sohst wird in seinem Vortrag keine einfache Lösung dieser alten Frage angeben. Vielmehr wird er eine Methode beschreiben, wie man den Widerspruch zwischen einem vermeintlich starren, d.h. alternativlosen physikalischen Weltverlauf und der sozial unverzichtbaren Vorstellung von der menschlichen Verhaltensfreiheit zumindest stark mildern kann. Der Kern dieser Methode ist die Ausarbeitung einer allgemeinen strukturellen Entwicklungstheorie, d.h. einer Theorie, die sich nicht nur auf das biologischen Lebens auf der Erde, sondern auf jegliche strukturelle Entwicklung bezieht. Sie ist folglich eine erweiterte Emergenztheorie, die vor allem den Begriff der Emergenzebene und nicht nur das einzelne emergente Phänomen in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt.

Der Vortrag stellt einige wichtige Gedanken und methodische Erkenntnisse aus dem neuesten Buch von Wolfgang Sohst vor, das den Titel "Reale Möglichkeit. Eine allgemeine Theorie des Werdens" trägt und im Dezember 2016 erschienen ist.

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Wolfgang Sohst, Philosoph in Berlin

Wolfgang Sohst

lebt und arbeitet als Philosoph und wissenschaftlicher Verleger Berlin. Er ist Gründer und Inhaber des xenomoi Verlages.

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