Wandgeburten der Höhlenmalerei (Dr. Constantin Rauer)

Datum: 15.10.2018 (20:00:00–22:30:00)

Ort: Alte Jakobstr. 12 / Ecke Ritterstr. (Tiyatrom Theater), 10969 Berlin

Felszeichnung in der jungpaläolithischen Höhle von Lascaux im französischen Département Dordogne
Felszeichnung in der jungpaläolithischen Höhle von Lascaux im französischen Département Dordogne


Vortrag und anschließende Diskussion

Dr. Constatin Rauer führt zunächst allgemein in die Eiszeitkunst ein. Anschließend geht er anhand zahlreicher Bilder einem der häufigsten Ikonographeme der Höhlenmalerei nach, nämlich den Emergenz-Figuren: Tiere und Menschen, die den Felswänden entspringen.

Dabei lassen sich zwei Typen unterscheiden: die transitiven Emergenz-Figuren, die nur mit dem Vorder- bzw. Oberkörper gezeichnet sind und hierdurch den Eindruck erwecken, als würden sie aus den Wänden herauskommen, und die intransitiven Emergenz-Figuren, das sind solche, deren Heraustreten aus der Felswand von den Felswänden selbst geformt wurde. Die Verwendung dieser Figuren zeigt, dass die Emergenzen mit Fruchtbarkeitsmythen in Zusammenhang stehen: Felswandvulven, Felswandschwangerschaften und Felswandgeburten, die Bestandteile eines animistischen Glaubenssystems sind.

Durch raffinierte Simulationstechniken von Trompe-l’OEils und kinematographischen Beleuchtungseffekten werden die Felswände zu Projektionsflächen, die tatsächlich lebendig erscheinen.

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Zur Person des Vortragenden:

Constatin Rauer

Dr. Constantin Rauer

Constantin Rauer hat zunächst an der Kunsthochschule in Genf Mixed Media und sodann in Berlin, Paris und Tübingen, Philosophie, Religionswissenschaft, Kunstgeschichte und Komparatistik studiert. In den 1990er Jahren war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Religionswissenschaftlichen Institut der FU Berlin, in den 2000er Jahren nahm er mehrere philosophische Gastprofessuren in Brasilien wahr.

Bekannt wurde Rauer 2007 mit seinem Buch "Wahn und Wahrheit", das die Psychologie des jungen Kant sowie die Projektionsmechanismen in logischen Urteilen untersucht. Seit 2008 beschäftigt er sich mit der Paläophilosophie, die einerseits der Entstehung der symbolischen Kultur und andererseits dem Spiegel des menschlichen Bewusstseins in der Höhlenmalerei und Kunst des Jungpaläolithikums nachgeht. Publiziert hat er hierzu u.a. in der "Prähistorischen Zeitschrift" (Bd. 92, Berlin 2017): "Lascaux oder Der Ursprung der Ethik". Dieser Aufsatz sowie weitere Texte von Rauer sind online verfügbar.

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