Rezensionen und Buchbesprechungen

Wir möchten euch mit Rezensionen und Buchbesprechungen interessanter philosophischer Neuerscheinungen gerne über neue Strömungen und Trends aktueller philosophischer Diskussionen auf dem Laufenden halten.

Übrigens könnt auch ihr selbst eure Rezension oder Buchsprechung hier veröffentlichen, wenn ihr einen interessanten Text gelesen haben, den ihr einer breiteren philosophischen Öffentlichkeit vorstellen möchtet. In diesem Falle schreibe bitte eine Email an Wolfgang Sohst unter info /at/ xenomoi.de (statt dem /at/ bitte das @-Zeichen einsetzen) oder benutze einfach das Kontaktformular auf dieser Webseite.

Jungen und Männer haben es schwer. Die tiefgreifenden wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen der letzten Jahrzehnte haben dazu geführt, dass viele von ihnen im Klassenzimmer, am Arbeitsplatz und in der Familie an Boden verloren haben. Während sich das Leben der Frauen verbessert hat, ist das Leben vieler Männer gleichgeblieben oder hat sich sogar verschlechtert.

Der Autor, Vater von drei Söhnen, befasst sich in diesem Buch mit den strukturellen Herausforderungen, denen sich Jungen und Männer heute in der westlichen Welt gegenübersehen, und bietet neue und innovative Lösungen an, die die zugrunde liegenden Traditionen aufbrechen. Of Boys and Men betont, dass die Unterstützung der Männer nicht bedeutet, das Ideal der Gleichstellung der Geschlechter aufzugeben.

Richard V. Reeves ist Senior Fellow an der Brookings Institution in Washington, D.C., und Direktor der Initiative Future of the Middle Class.

Der Forschungsverbund "Normative Orders" an der Goethe-Universität Frankfurt am Main hat einen neuen, umfassenden Sammelband produziert. Der enthält auf 671 Seiten sehr unterschiedliche Beiträge zu dem, was man im weitesten Sinne des Ausdrucks unter 'Normative Ordnungen' subsumieren kann. Der weite Horizont des Frankfurter Forschungsverbunds ist Fluch und Segen zugleich: Hier kommt viel Interessantes zusammen. Der Leser ist am Ende aber aufgefordert, selbst herauszufinden, auf welchen gemeinsamen Erkenntnisnenner man all diese Beiträge bringen soll.

(Wo)man is a political being

In ihrem 2019 bei Cambridge University Press erschienenen Buch From Anthropology to Social Theory. Rethinking the Social Sciences unternehmen Arpad Szakolczai und Bjørn Thomassen, beide Professoren der Soziologie in Irland bzw. Dänemark, eine fundamentale Neubewertung etablierter Auffassungen der modernen Sozial- und Gesellschaftswissenschaften. Für diesen Angriff auf jene etablierten Auffassungen haben sie zwei Gründe. Zum Einen präsentieren sie wichtige Aspekte in der Entwicklungsgeschichte der modernen Anthropologie und Sozialwissenschaften, die nahelegen, dass durch zeitgeschichtliche Zufälle vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wesentliche Erkenntnisse der damals bereits sehr entwickelten Ethnologie keinen Eingang in die Soziologie und die Gesellschaftswissenschaften fanden. Zum Anderen folgt aus diesen wissenschaftshistorisch negativen Umständen, dass sehr spezfische Umstände der gegenwärtigen globalen Krise vor allem der westlichen politischen Systeme in eine Art wissenschaftlichen 'blinden Fleck' fallen und folglich beharrlich ignoriert werden.

Bei Suhrkamp (stw, Bd. 2248) ist ein gewichtiger Band erschienen, der über die neueren Entwicklungen im politischen Denken der westlichen Hemisphäre berichtet. Die HerausgeberInnen Dagmar Comtesse, Oliver Flügel-Martinsen, Franziska Martinsen und Martin Nonhoff lassen in einem schon beinahe enzyklopädischen Format alle Stimmen zu Worte kommen, die hier in den letzten zwei, drei Jahrzehnten den öffentlichen Diskurs geprägt haben.

Michael Tomasello: Was den Menschen vom Affen unterscheidet

Vor wenigen Wochen erschien der neueste Beitrag von Michael Tomasello, dem langjährigen Vizedirektor des Leipziger Max-Planck-Instituts für Evolutionäre Anthropologie. Das Buch ist nicht nur eine Zusammenschau seiner umfassenden Forschung zur menschlichen Ontogenese, sondern auch eine moralische Aufforderung.

Seit Februar 2018 gibt es eine Diskussionsgruppe namens MoMo PubTalk. Sie trifft sich alle 3-4 Wochen, meist im Café "Spreegold" im Bikinihaus gegenüber der Gedächtniskirche. Der Kreis ist sowohl thematisch als auch hinsichtlich der Teilnehmer offen; meist kommen um die zehn Interessierte, so dass sich auch jeder wirklich aktiv beteiligen kann. Das Thema der jeweils kommenden Sitzung wird zuvor besprochen, so dass sich jeder vorbereiten kann. Wer möchte, kann für ein Treffen auch einen sog. "Impuls" beisteuern, d.h. einen Minivortrag von max. 5 Min. Vortragsdauer. Jede Sitzung wird hinsichtlich ihrer Ergebnisse protokolliert und dieses Protokoll vom Moderator (derzeit: Wolfgang Sohst) an alle Beteiligten versandt, so dass Kontinuität entsteht. - Wer Interesse hat, frage bitte per Email nach dem nächsten Treffen: Herzlich willkommen!

MoMo ist fruchtbar: Bereits seit Anfang 2017 gibt es das internationale "Berlin Journal of Critical Theory". Es erfreut sich inzwischen weltweltweiten Interesses. Im Oktober 2018 ist das 7. Heft erschienen. Das Editorial Board der Zeitschrift ist ein 'Who is who' der bekanntesten zeitgenössischen Forscher zum aktuellen Stand der Kritischen Theorie.

Mit ihrem Beitrag zum sog. Neuen Realismus engagieren sich Charles Taylor und Hubert Dreyfus aus amerikanischer Sicht in einer Debatte, die in Europa und seiner Continental Philosophy gerne als revolutionär vermarktet wird. Taylor und Dreyfus zeigen, dass man diese Debatte mit sehr guten Argumenten auch weniger esoterisch, d.h. praktisch relevanter führen kann. Ihr Buch "Die Wiedergewinnung des Realismus" erschien bei Suhrkamp in 2016.